Warum interdisziplinäres Arbeiten immer wichtiger wird
DeepL, ChatGPT, Routenführung bei Google Maps, digitale Fahrassistenten – künstlich intelligente Systeme prägen unseren Alltag immer mehr. Für einige Wissenschaftler*innen unserer Hochschule, wie auch für uns – die zwei Autorinnen – sind diese Systeme jedoch nicht nur Teil des alltäglichen Lebens, sondern auch Betrachtungsgegenstand der Forschung: Wer haftet, wenn ein künstlich intelligentes System einen Schaden verursacht? Darf ich als Arbeitgeber*in künstlich intelligente Systeme im Bewerbungsverfahren einsetzen? Kann ich mich strafbar machen, wenn mein autonom fahrender Pkw einen Unfall verursacht?
An unserer Hochschule wird zu ganz unterschiedlichen Fragestellungen auf dem Gebiet künstliche Intelligenz und Recht geforscht. Dieberei stehen wir Forschenden vor besonderen Herausforderungen: Wir müssen verstehen, wie KI-Systeme funktionieren, welche Risiken mit ihnen einhergehen oder wie Daten durch sie verarbeitet werden. Nur mit technischem Hintergrundwissen können wir sinnvoll zu rechtlichen Fragen Stellung nehmen.
New Work bedeutet für uns eine Expedition auf neues Terrain, um die rechtlichen Grenzen aktueller technischer Entwicklungen untersuchen zu können. Es lauern zahlreiche Herausforderungen wie der schwierige Zugang zu den notwendigen Quellen, Bücher voller mathematischer Formeln und Missverständnisse wegen mangelnder Vorkenntnisse. Um uns den Weg etwas zu erleichtern, haben wir vor knapp zwei Jahren beschlossen, uns zusammenzuschließen und eine Forschungsgruppe zu gründen.
Unsere Law and AI Research Group (LARG) ist eine Gruppe von inzwischen 15 Promovierenden und vier Habilitierenden, die durch den gegenseitigen Austausch und die Einladung von Expert*innen aus anderen Fachrichtungen und der Praxis ihre Forschung im Bereich Künstliche Intelligenz und Recht vorantreiben wollen. Sie gibt einen Rahmen, sich über die Forschung niederschwellig und in lockerer Atmosphäre auszutauschen.
Hierfür treffen wir uns alle zwei bis drei Monate zu Workshops, Seminaren und Vortragsabenden. In den Workshops werden notwendige Kenntnisse zur Erarbeitung der interdisziplinären Forschungsfragen vertieft und gemeinsam diskutiert. Die Seminare bieten die Möglichkeit, die eigene Forschung vorzustellen, zu diskutieren sowie den Austausch mit Expert*innen anderer Fachrichtungen und Praktiker*innen herzustellen. In den Seminaren und Workshops beleuchten wir somit nicht nur die rechtliche Seite, sondern setzen und insbesondere auch mit der technischen Seite auseinander.
So haben wir im Rahmen mehrerer Vorträge von Informatiker*innen und Physiker*innen gelernt, was sich zum Beispiel hinter dem Konzept des maschinellen Lernens verbirgt. Für die rechtliche Untersuchung ist es bedeutsam, zumindest ein grobes Verständnis von technischen Entwicklungen zu bekommen. Wir laden auch sehr gern Expert*innen aus nicht-technischen Fachrichtungen ein. So haben wir bereit mit einer Ethikerin in einem Workshop die ethischen Auswirkungen von KI-Systemen diskutiert, uns in einem Seminar von einem Soziologen seine Forschung zur sozialen Akzeptanz von KI-Systemen in Bewerbungsprozessen erklären lassen und eine Psychologin hat uns ihre Arbeit zum Einsatz von KI-Systemen in Gerichtsprozessen vorgestellt.
Unsere Erfahrung zeigt, dass beim Austausch mit Expert*innen unterschiedlicher Disziplinen wichtige Fragestellungen aufkommen, bei denen man gemeinsam zu einer sinnvollen Lösung kommen kann. Ohne diesen interdisziplinären Austausch würden bei vielen Themen wichtige Aspekte unbeachtet bleiben.
Auch wenn die Forschung gerade in dem Bereich Künstliche Intelligenz unaufhaltsam voranschreitet, so bleibt der interdisziplinäre Blickwinkel an den rechtswissenschaftlichen Universitäten eher eine Seltenheit. Wir möchten mit der LARG für unsere Mitglieder ein Umfeld schaffen, das durch den Austausch miteinander und mit Expert*innen anderer Fachrichtungen die Arbeit an Rechtsfragen mit Bezügen zur Künstlichen Intelligenz erleichtert. In unserer kleinen Gruppe kennen sich viele Mitglieder inzwischen gut und es wird sehr wertschätzend und unbefangen diskutiert.
Sophie Burchardi
Charlotte Schindler (Jg. 2014)
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