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Prägende Werke meiner Studienzeit

Womit hat ein Lehrpreisträger früher selbst gelernt? Wir haben Jens Prütting gebeten, uns von den prägenden Lehrbüchern seiner eigenen Studienzeit zu berichten.



Roth/Weller, Handels- und Gesellschaftsrecht

 

Dieses Lehrwerk war für mich der wahre Einstieg in die Welt des Unternehmensrecht, das ich bis heute als eine wesentliche Säule wissenschaftlicher Tätigkeit verfolge. Endlich mal ein Buch, das dem handels- und gesellschaftsrechtlichen Lebenszyklus nachempfunden wurde. Das Unternehmen entsteht, lebt und vergeht. Einer entsprechenden Idee folgt das BGB über weite Teile, was eine wunderbare innere Systematik ergibt. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass dieses von mir heiß geliebte Buch heute Weller/Prütting heißt und nunmehr von meinem Freund und akademischen Lehrer Marc-Philippe Weller und mir in der neunten Auflage fortgeführt wird. Wie sich die Zeiten ändern…

 

Maurer, Staatsorganisationsrecht – doch besser gleich das GG lesen?!

 

So sehr Prägung positiv verlaufen kann, so sehr mag sie manches Mal negativ ausschlagen. Das Werk von Maurer zur Staatsorganisation war die Leseempfehlung des ersten Semesters an der Universität zu Köln. Für den juristischen Einsteiger ist dieses Buch etwas trocken verfasst (wenn auch sicherlich für den versierten und bereits kundigen Leser sehr lehrreich!), sodass ich große Sorgen hatte, das öffentliche Recht sei insgesamt eher uninteressant und man müsse sich viele Jahre ausschließlich damit quälen. Zu meinem großen Glück kamen mit der Examensvorbereitung motivierte Professorinnen und Professoren, die aufzeigen konnten, welch spannende Dynamik auch die Staatsorganisation beinhaltet und wie man es versteht, das Grundgesetz als jenes Werk einzuordnen, das es ist: Eines der wohl besten Gesetze, die je geschrieben worden sind. Verfasst mit unglaublicher Raffinesse, anpassungsfähig gestrickt und auf eine beeindruckende Machtbalance ausgelegt, die ihresgleichen sucht. Großartig!

 

Skripten

 

Wie hat man sich durch das Studium geschlagen? Nicht jede Vorlesung war flankiert von einer breiten Lehrbuchlektüre. Ich persönlich habe irgendwann die Erfahrung gemacht, dass sich manche Fächer für zunächst beschränkte Lernkonzeptionen, die von Skripten geboten werden, durchaus eignen, bei anderen ist ein solcher Ansatz kontraproduktiv. Ein Beispiel: Ein prägnantes Fallskript zum Zivilprozessrecht ersetzt im Grundstudium vielfach das Lehrbuch und man hat hinterher deutlich mehr behalten. Woran mag das liegen? Es gibt Fächer – wie das Zivilverfahrensrecht – die ein weitreichendes Verständnis der praktischen Umsetzung verlangen, bevor dem Studierenden ernsthaft einleuchten kann, weshalb bestimmte Aspekte lang und breit erörtert werden. Und es ist auch nicht in jedem Fach unfassbar sinnvoll, vor dem Verständnis der aktuellen Rechtslage die Historie eingehend aufzuarbeiten.

 

Worauf kommt es also an? Entscheidend ist der sprichwörtliche „Nagel in der Wand“, an dem man etwas aufhängen kann. Ist man als Student schon schulisch sehr geschichtsbeflissen gewesen, mag dieser Zugang überall leicht fallen. Engagiert man sich in seiner Freizeit parallel zum Studium kommunalpolitisch, erstaunt es mich nicht, dass ein optimiertes Verständnis für die Gemeinde- und Kreisordnung der Flächenländer folgt. Daher rate ich allen Studierenden der Rechtswissenschaft: Lernt nicht blind drauflos. Fragt Euch vor Beginn einer Veranstaltung, was Euch vielleicht unter der Überschrift erwarten mag, oder lest knappe Zusammenfassungen. Und dann geht einmal tief in Euch und überlegt, wie ihr das, was es zu lernen gilt, mit einem persönlichen Interesse, eigenen Erfahrungen oder geschickten Zugängen aller Art verbinden könnt. Wer an dieser Stelle kreativ ist, wird die Stoffmenge einfacher, schneller und mit weit weniger Kummer bewältigen und sich am Ende über bessere Noten freuen. Ihr habt mein Wort!

 

Euer Jens Prütting


Laudatio: „Wie ein Fußballtrainer in der Halbzeit“

 

Der diesjährige „Platzhirsch“ für herausragende Leistungen und überobligatorisches Engagement in der Lehre ging an Professor Dr. Jens Prütting. In den zahlreichen Vorschlägen und in den Evaluationen seiner Lehrveranstaltungen fiel immer wieder ein Wort: Begeisterung. Plastisch heißt es an einer Stelle, Prütting habe „die Rhetorik eines Fußballtrainers in der Halbzeitpause eines Spiels in der Fußballweltmeisterschaft“. Insbesondere seine EVP-I-Vorlesung haben die Studierenden gelobt. Ihm ist es gelungen, den kaum zu bewerkstelligenden Ritt quer durch das BGB in nur neun Wochen verständlich zu gestalten. Jens Prütting ist seit Juni 2015 Juniorprofessor an unserer Hochschule und Direktor des Instituts für Medizinrecht. In diesem jähr hat er seine Habilitation zum Thema „Rechtsgebietsübergreifende Normkollisionen – Ein Ansatz auf der Schnittstelle von Zivil- und Sozialversicherungsrecht im Gesundheitswesen“ abgeschlossen.


Jens Prütting (Lehrstuhl Privatrecht VII)


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